Phänomenologie der digitalen Welt

Sommerschule der Deutschen Gesellschaft für phänomenologische Forschung

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216164

Theorienentscheidung und Theorienvergleich

Rainer Greshoff

pp. 141-187

Abstrakt

Unterschiedliche Meinungen und Streite zu den verschiedensten Problemgebieten sind heute in der Soziologie1 und anderen Sozialwissenschaften ein Normalzustand. Eine Vielzahl an Konzeptionen — Theorien, Darstellungen, Daten — werden als mögliche Problemlösungen diskutiert. Weithin wird davon ausgegangen, daß es schwierig ist, mit dieser Vielfalt vergleichend umzugehen, um sich in ihr derart orientieren zu können, daß es möglich wird, die Grund-Verhältnisse, in denen diese Konzeptionen zueinander stehen, anzugeben und dadurch Voraussetzungen zu schaffen, um zwischen diesen begründeter auswählen zu können. Dabei haben solche Vergleiche eine grundsätzliche Relevanz. Wie soll man z.B. in den oben erwähnten Streiten begründet Position beziehen können, wenn jeweilige Konzeptionen in ihren Verhältnissen nicht adäquat einschätzbar sind? Wie soll wissenschaftlicher Fortschritt möglich sein und welche verantwortbare Rationalität kann Wissenschaft für sich in Anspruch nehmen, wenn von einer derartigen Einschätzbarkeit auszugehen ist?2 Vor allem diese Relevanz und die Schwierigkeiten, solche Vergleiche zu realisieren, waren, bezogen auf eine Wissensart, soziologische Theorien, ein Motiv für die Theorienvergleichsdebatte, die es Mitte bis Ende der 70er Jahre in der Soziologie gab. Auch wenn die Thematik immer wieder aufgegriffen wird, gilt diese Debatte inzwischen als versandet, ohne zu anerkannten Ergebnissen darüber, wie Theorienvergleiche anzulegen sind, geführt zu haben. Geblieben ist die Einschätzung, daß es wichtig, aber schwierig sei, Theorien vergleichen zu können.3 Es gibt aber auch Soziologen wie Niklas Luhmann, einem Teilnehmer der Theorienvergleichsdebatte, der seine Konzeption als >geeigneter/fortschrittlicher< usw. relativ zu >überholten< usw. anderen beurteilt. Stellen für ihn Theorienvergleiche keine Schwierigkeit dar? Hat er, etwa im Anschluß an die Theorienvergleichsdebatte, die Probleme gelöst? Kann man also bei ihm Erkundungen darüber einholen, wie solche Vergleiche bewerkstelligt werden können?

Publication details

Published in:

Benseler Frank, Greshoff Rainer, Blanck Bettina, Loh Werner (1994) Alternativer Umgang mit Alternativen: Aufsätze zu Philosophie und Sozialwissenschaften. Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften.

Seiten: 141-187

DOI: 10.1007/978-3-322-91654-9_9

Referenz:

Greshoff Rainer (1994) Theorienentscheidung und Theorienvergleich, In: Alternativer Umgang mit Alternativen, Wiesbaden, Verlag für Sozialwissenschaften, 141–187.